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[Punkt 3] — 7:10
Und das wäre drittens, Russland will sich gegen den Westen und gegen die NATO behaupten. Es ist der Mai im Jahr 2000. Wladimir Putin ist gerade fünf Monate als Präsident im Amt und direkt im Wahlkampf für seine erste offizielle Präsidentschaftswahl, den Job hatte er zuvor von Boris Jelzin bekommen, der am 31. Dezember 1999 zurückgetreten war.
In Russland ist Putin zwar schon bekannt, im Ausland aber kaum. Was man weiß ist, dass er früher als Agent für den russischen Geheimdienst KGB gearbeitet hat und unter anderem in Deutschland stationiert gewesen ist. Das war es dann aber auch fast schon. Wofür er politisch steht, das ist für viele im Westen noch ein Rätsel, und um mehr über Putin und seine Politik zu erfahren, lädt die britische BBC ihn zu einem Interview ein. In schwarzem Anzug mit grauer Krawatte sitzt er damals der 48. Jährige Präsident auf einem gut gepolsterten Holzstuhl und beantwortet die Fragen des Moderators David Frost.
Es geht um die Herausforderungen nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, um die Wirtschaftskrise in Russland und auch um die NATO, ob sich Wladimir Putin denn vorstellen könne, dass Russland in absehbarer Zeit Mitglied der NATO werden will, das will Frost wissen und Putin überlegt nicht lange. “Warum nicht?” — antwortet er und sagt dann: “Russland ist ein Teil der europäischen Kultur und ich kann mir nicht vorstellen, dass mein Land getrennt von Europa existiert, getrennt von der, wir oft sagen, “zivilisierten Welt”. Es ist schädlich für Russland die NATO als einen Feind zu sehen”. Das sind deutliche Worte und man kann davon ausgehen, dass sie auch ernst gemeint sind. Denn es ist nicht das erste mal dass Putin sich in diese Richtung äußert und übrigens auch nicht das letzte Mal.
Später wird er das vor dem Bundestag ungefähr so wiederholen, übrigens auf Deutsch. Schon einige Monate zuvor im Februar 2000 gab es eindeutige Signale von Putin. Die Zeichen standen also auf Freundschaft, und das war auch zu diesem Zeitpunkt gar nichts Neues. Schon im Dezember 1991 hatte der damalige russische Staatschef Boris Jelzin wörtlich gesagt, es wäre das langfristige Ziel von Russland in der NATO aufgenommen zu werden. 1994 dann wurde Russland Teil der NATO-Initiative Partnerschaft für Frieden und 1997 haben Russland und die NATO eine so genannte Grundakte also eine Vereinbarung über Zitat “gegenseitige Beziehungen Zusammenarbeit und Sicherheit” unterzeichnet.
Vom Zusammenbruch der Sowjetunion bis ins letzte Drittel der 1990er Jahre haben Russland und die NATO eng zusammengearbeitet. So eng, dass die NATO sich sogar das Okay des damaligen russischen Präsidenten Jelzin geholt hat, als 1994 Polen und Tschechen Mitglied der NATO werden wollten. 1999 ist das dann auch passiert, allerdings bei Polen und Tschechen ist es nicht geblieben, auf dieser Karte hier könnt ihr sehen, welche Länder Europas zwischen 1991 und 1999 Mitglieder der NATO geworden sind. Und dann kann man feststellen, die NATO ist immer weiter an Russland herangerückt. Osterweiterung wird das genannt, der Knackpunkt dabei ist: Mündlich hatte man Russland eigentlich zugesagt, dass es genau das nicht geben würde, keine Ausweitung in den Osten. Anfang 2022 sind wieder neue Dokumente aufgetaucht, die diese Zusage belegen, aber und das ist ganz wichtig: Vertraglich festgehalten wurde diese Zusage nie, und so wurde gemäß Artikel 10 des NATO-Vertrags ein osteuropäisches Land nach dem anderen Mitglied der NATO, mehr erfahrt ihr auch in diesem Video hier.
Und genau das kam in Russland gar nicht gut an. Die Stimmung gegenüber der NATO ist deutlich abgekühlt, auch wegen der schwierigen Situation in den Jugoslawienkriegen damals. Komplett abgebrochen wurden die Gespräche aber nie und so kam es eben, dass Wladimir Putin noch im Jahr 2000 in dem Interview mit der BBC davon gesprochen hat, dass er sich eine Mitgliedschaft in der NATO vorstellen könne. Allerdings, und das ist ganz wichtig, diese Bereitschaft war an Bedingungen geknüpft, denn Wladimir Putin verfolgte schon damals seinen Plan, Russland zu einem Land mit großer Bedeutung zu machen, im besten Fall zusammen mit dem Westen, aber eben nicht um jeden Preis.
Und das wird deutlich, wenn man sich anhört, was Putin schon im Jahr 2000 zu dem damaligen Chef der NATO Georg Robertson gesagt hat. — Wann habt ihr vor, uns in die NATO einzuladen? — Will Wladimir Putin bei einem der ersten treffen wissen — Naja. wir laden niemanden zur NATO ein. Mann bewirbt sich, um NATO Mitglied zu werden — Meint Robertson, und daraufhin Putin — Tja, wir stellen uns aber nicht mit irgendwelchen unbedeutenden Ländern in eine Reihe und warten.
Der Anspruch dabei war klar: Russland wollte von den USA und den anderen führenden NATO Ländern als gleichwertig betrachtet werden. Das ist aber nicht passiert, im Gegenteil. Die NATO hat Russland, ganz salopp gesagt, in die Friendzone geschoben und stattdessen weitere Länder im Osten aufgenommen: Estland, Lettland, Litauen zum Beispiel, oder auch Ungarn. Und nicht nur das. Ausgerechnet auch noch mit Russlands direktem Nachbarland Ukraine hat die NATO Gespräche über eine mögliche Mitgliedschaft geführt, und gleichzeitig haben sich auch eins der NATO Staaten stark in der Ukraine engagiert.
Das ist etwas, auf das Wladimir Putin jetzt auch immer wieder zu sprechen kommt, das hat ihm überhaupt nicht gepasst. Seinen Plan, Russland zu einer geachteten macht mit enger Bindung an den Westen zu machen hat er dann aufgegeben. Jetzt ging es ihm nur noch darum, Russland so mächtig wie möglich zu machen um jeden Preis, wie man gerade auch sieht.
Besonders deutlich wurde das 2007 bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Bei seiner ersten Rede in diesem Rahmen teil Wladimir Putin ordentlich aus, er wirft den USA vor, ihre Grenzen fast überall überschritten zu haben und die alleinige Weltherrschaft anzustreben, und zu NATO, sagt Putin, sie würde anderen Ländern ihren Willen aufzwingen. Von einer möglichen Mitgliedschaft Russlands kann spätestens da überhaupt keine Rede mehr sein, man spricht auch von einem Wendepunkt.
Und genau das ist der Hintergrund von Wladimir Putins Verhalten heute. Er will der NATO offenbar zeigen, dass sie damals einen großen Fehler gemacht hat und stellt sich jetzt konfrontativ gegen die NATO. Dabei weiß er, wirklich was unternehmen kann die NATO überhaupt nicht, denn jeder Schritt könnte von Russland als Aggression gewertet werden. Deshalb nutzt Putin die Situation in der Ukraine gerade aus, um Fakten zu schaffen und die NATO möglichst weit von Russland wegzudrängen, um zu sagen, das ist unser Bereich, hier habt ihr nichts zu suchen und aber gleichzeitig klar zu machen, ihr könnt mir überhaupt nichts, denn wir haben Atomwaffen. Das ist eine Sache, auf die Wladimir Putin auch immer hinweist.
Und direkt damit verbunden ist Hauptpunkt Nummer vier:
[Punkt 4] — 13:03
Putin möchte die Welt neu ordnen. Das klingt jetzt ein bisschen nach so einer Verschwörungserzählung, ist aber ganz praktisch gemeint. Denn Wladimir Putin hat trotz des Kriegs in der Ukraine nach wie vor mächtige Verbündete, das wurde ganz besonders deutlich bei den vereinten Nationen. Dort gab es eine Resolution gegen den Krieg in der Ukraine, nur 35 Staaten haben nicht mit ja gestimmt, aber unter diesen 35 Staaten waren unter anderem Riesenstaaten wie Indien und China.
Und insbesondere China ist ein wichtiger wenn nicht sogar der wichtigste Verbündete Russlands mit Abstand. Und gemeinsam mit Russland verfolgt Wladimir Putin den Plan, den Westen und vor allem die USA immer weiter zurückzudrängen, wie der chinesische Regierungschef hat dazu neulich gesagt: Wir möchten eine neue Weltgemeinschaft für eine gemeinsame Zukunft und diese gemeinsame Zukunft verfolgt China eben in erster Linie mit Russland. Zu der besonderen Beziehungen zwischen China und Russland erfahrt ihr hier in diesem Video auch noch genaueres, da geht es um die Geschichte der Beziehung der beiden Länder.
Wladimir Putin möchte also eine Welt, in der der Westen eine nur noch geringe Rolle spielt und in der vor allem sein Land Russland aber auch China eine sehr große Rolle spielen, und in der die Kräfteverhältnisse, die Machtverhältnisse vollkommen neu gemischt sind. Und genau diese vier Punkte gehören zu den politischen Hauptmotivationen Wladimir Putins. Er möchte, das kann man mit einer Überschrift zusammenfassen, Russland mächtiger machen. Das wird gerne damit verwechselt, dass gesagt wird, Wladimir Putin möchte die Sowjetunion wieder haben. Das ist nicht der Fall. Er hat die Zustände in der Sowjetunion auch immer wieder kritisiert. Er hat Linien und Stani kritisiert, was er aber möchte ist, ein Land zu haben, das so mächtig ist und so angesehen ist, wie es die Sowjetunion früher einmal gewesen ist, er hat davon gesprochen, der Zerfall der Sowjetunion wäre, Zitat, “die größte geopolitische Katastrophe des zwanzigsten Jahrhunderts gewesen” und daran merkt man schon, er möchte eben an diese alte Machtstruktur wieder anknüpfen, mit allen Mitteln, wie man jetzt sieht.
Und in der Ukraine konzentriert sich alles wie unter einem Brennglas. Die Ukraine ist der Ort, der mitentscheidend dafür ist, dass das gelingt, was Wladimir Putin sich vorgenommen hat. Dass es nicht so wirklich einfach gelingt, das sieht man gerade, denn die ukrainische Armee leistet deutlich mehr Gegenwehr, als Wladimir Putin gedacht hat. Mehr dazu erfahrt ihr unten in einem live Blog, den ich euch verlinkt habe, da werdet ihr auf den aktuellen Stand gebracht zum Krieg in der Ukraine.
Und mich würde an dieser Stelle mal interessieren, wie schätzt ihr diese Vorstellungen Wladimir Putins ein, die ja teilweise auf einem völlig falschen Geschichtsbild fußen, das nichts mit der Realität damals zu tun hat und was würdet ihr sagen über seine Pläne? Kann er sie umsetzen? Kann es ihm gelingen? Oder haltet ihr das für unwahrscheinlich? Schreibt das gerne unten in die Kommentare und bitte, wie immer an dieser Stelle sage ich das noch einmal, bleibt dabei sachlich. Danke dafür. Hier neben mir findet ihr ein Video über die Geschichte der NATO, ich habe darüber vorher schon mal kurz gesprochen und direkt darunter das letzte Video von mir zum Krieg in der Ukraine, da erfahrt ihr einiges über aktuelle Hintergründe. Danke fürs zuschauen und bis zum nächsten Mal.